EU-Taskforce startet Handelsoffensive in Asien: Weniger US-Abhängigkeit
EU setzt Task Force zur Stärkung der Handelsbeziehungen mit Asien ein. Ziel: Verringerung der US-Abhängigkeit durch neue Abkommen mit Indien, Thailand, Malaysia und Indonesien. Bereits 23,6% Anteil am zentralasiatischen Außenhandel mit starkem Wachstum.

Wir beobachten derzeit eine bemerkenswerte Neuausrichtung der EU-Handelsstrategie, die darauf abzielt, unsere Abhängigkeit von den USA zu reduzieren. Als größtes Handelsnetzwerk der Welt, mit mehr als 75 Partnern und einem Handelsvolumen von über 2 Billionen Euro, verfügt die EU über eine starke Ausgangsbasis für diese Transformation. Besonders beeindruckend ist dabei unsere wachsende Präsenz in Zentralasien, wo wir bereits zum wichtigsten Handelspartner aufgestiegen sind und einen Anteil von 23,6% am gesamten Außenhandel der Region halten. Tatsächlich haben sich unsere Handelsbeziehungen in dieser Region im Jahr 2022 außerordentlich dynamisch entwickelt - mit einem Anstieg der Importe um 67% und einem Exportwachstum von beachtlichen 77%. Als größter ausländischer Investor in Zentralasien, mit einem Anteil von über 40% an den kumulierten Investitionen, zeigt sich deutlich, dass wir auf dem richtigen Weg sind, unsere Handelsbeziehungen strategisch neu auszurichten.
EU-Taskforce enthüllt neue Handelsstrategie für Asien
Die Europäische Kommission hat kürzlich die Einrichtung einer speziellen Taskforce angekündigt, die Importströme überwachen und mögliche Marktverzerrungen durch Umleitungen aus Drittstaaten identifizieren soll. Diese Taskforce wird eng mit der Industrie zusammenarbeiten, um eine fundierte Entscheidungsgrundlage für künftige politische Maßnahmen zu schaffen. Parallel zu den Bemühungen um ein Abkommen mit den USA arbeitet die EU intensiv an ihrer neuen Handelsstrategie für Asien, die konkrete Schritte zur Reduzierung der wirtschaftlichen Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten vorsieht.
Besonders beachtenswert ist, dass Brüssel seine Handelsstrategie gezielt breiter aufstellen will. Neue oder vertiefte Abkommen mit Indien, Thailand, Malaysia und Indonesien stehen dabei im Mittelpunkt der asiatischen Handelsoffensive. Diese strategische Neuausrichtung baut auf einer bereits starken Grundlage auf. Tatsächlich sind die EU und die ASEAN-Staaten bereits seit 1977 Dialogpartner und haben im Dezember 2020 ihre Beziehung durch eine strategische Partnerschaft weiter gestärkt.
Die wirtschaftliche Verzahnung ist bereits beachtlich: Die EU ist der drittgrößte Handelspartner der ASEAN-Staaten mit einem Anteil von etwa 10,6% am ASEAN-Handel. Umgekehrt stellt die ASEAN-Gemeinschaft den drittgrößten Handelspartner der EU außerhalb Europas dar, wobei der bilaterale Handel mit Waren und Dienstleistungen im Jahr 2020 beeindruckende €189,47 Milliarden erreichte.
Darüber hinaus bildet die 2018 eingeführte "EU-Asien-Konnektivitätsstrategie" einen wichtigen Rahmen für diese Handelsoffensive. Ziel dieser Strategie ist der regelbasierte und nachhaltige Ausbau von Infrastruktur zwischen Europa und Asien. Sichtbare Erfolge wurden bereits mit der Unterzeichnung der EU-Japan-Konnektivitätspartnerschaft 2019 und der Konnektivitätspartnerschaft mit Indien im Mai 2021 erzielt.
Die EU hat zwischen 2014 und 2020 das ASEAN-Sekretariat und die regionale Integration mit über €250 Millionen unterstützt, während die bilaterale Unterstützung für ASEAN-Mitgliedstaaten sich auf €2 Milliarden belief. Diese umfangreichen Investitionen unterstreichen die Ernsthaftigkeit der EU, ihre wirtschaftliche Präsenz in Asien langfristig zu stärken und gleichzeitig ihre wirtschaftliche Führungsrolle in der Welt abseits der transatlantischen Beziehungen zu sichern.
Warum die EU ihre Handelsbeziehungen diversifizieren muss
Die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen befinden sich an einem kritischen Wendepunkt. Unsere Abhängigkeit vom US-Markt stellt zunehmend ein wirtschaftliches Risiko dar, das wir nicht länger ignorieren können. Tatsächlich entfallen auf die EU und die USA gemeinsam fast 30% des weltweiten Handels mit Waren und Dienstleistungen sowie 43% des weltweiten BIP. Diese enge Verflechtung, die einst als Stärke galt, entwickelt sich nun zur Achillesferse unserer Wirtschaft.
Besonders alarmierend ist die Situation für Deutschland. Als exportorientierte Nation ist es besonders anfällig für US-Zollpolitiken. Die USA sind Deutschlands wichtigster Handelspartner und größter Abnehmer deutscher Exporte. Eine Simulation des Ifo-Instituts prognostiziert, dass US-Zölle zu einem dauerhaften Rückgang des deutschen BIP um 0,3% führen könnten, während andere Schätzungen sogar von einem Rückgang um 0,98% bis zu 200 Milliarden Euro Gesamtschaden über vier Jahre ausgehen.
Für bestimmte Schlüsselbranchen ist die Abhängigkeit noch ausgeprägter. Die USA sind der wichtigste Absatzmarkt für die europäische Stahlindustrie, mit rund vier Millionen Tonnen jährlichen Exporten aus der gesamten EU und etwa einer Million Tonnen allein aus Deutschland. Im Automobilsektor wurden 2024 13,1% der deutschen Pkw-Exporte in die USA geliefert, wobei fast jeder dritte Porsche und jeder sechste BMW in Nordamerika verkauft wurde.
Allerdings beschränkt sich die Abhängigkeit nicht nur auf Handel. Auch im digitalen Bereich sind wir stark von US-Technologiekonzernen abhängig. Deutsche Behörden nutzen überwiegend US-Software, was angesichts von Gesetzen wie dem US CLOUD Act erhebliche Datenschutzrisiken birgt.
Folglich ist eine Diversifizierung unserer Handelsbeziehungen dringend erforderlich. Als strategische Priorität muss Europa die Stärkung seiner wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit vorantreiben. Der indopazifische Raum bietet dabei besondere Chancen zur Erschließung neuer Rohstoffquellen, zuverlässiger Zulieferernetzwerke und wachsender Absatzmärkte.
Obwohl wir nie vollständig unabhängig werden können – die EU wird weiterhin für einen Großteil ihres Verbrauchs auf Einfuhren angewiesen bleiben – können wir durch die Vertiefung von Handelsbeziehungen mit Partnern weltweit unsere strategischen Abhängigkeiten erheblich reduzieren.
Welche asiatischen Märkte stehen im Fokus der EU-Offensive
Im Zentrum der asiatischen Handelsoffensive der EU steht die ASEAN-Gemeinschaft, die mit ihren zehn Mitgliedstaaten einen besonders dynamischen Wirtschaftsraum darstellt. Selbst ohne China repräsentieren die Länder im Asien-Pazifik-Raum beeindruckende 30 Prozent der Weltbevölkerung, 20 Prozent des weltweiten BIP und 18 Prozent des Welthandels. Die EU hat hier bereits eine starke Position aufgebaut und ist mit Investitionen von 313,6 Milliarden Euro (Stand 2019) der größte Investor in den ASEAN-Ländern.
Besonders vielversprechend entwickeln sich die Beziehungen zu Indonesien, dem bevölkerungsreichsten ASEAN-Staat. Beide Seiten arbeiten intensiv daran, die Verhandlungen über ein umfassendes Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (CEPA) bis Ende 2024 abzuschließen. Mit einem bilateralen Handelsvolumen von 32,6 Milliarden Euro im Jahr 2022 ist die EU bereits Indonesiens fünftgrößter Handelspartner.
Darüber hinaus steht Malaysia im Fokus der EU-Offensive. Nach einer zwölfjährigen Pause wurden die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen im Januar 2025 wiederaufgenommen, wobei Malaysia als drittgrößter Handelspartner der EU im ASEAN-Raum eine strategische Rolle einnimmt. Allerdings stehen diese Gespräche vor Herausforderungen, da Malaysia und Indonesien die Verhandlungen wegen Streitigkeiten über EU-Palmölregulierungen teilweise ausgesetzt haben.
Mit Singapur und Vietnam bestehen bereits umfassende Handelsabkommen, während mit Thailand, dem viertgrößten EU-Handelspartner in der Region, noch vertiefende Gespräche anstehen. Angesichts der zunehmenden systemischen Rivalität mit China ist es für die wirtschaftlichen und politischen Interessen der EU von entscheidender Bedeutung, sich stärker in Asien-Pazifik zu engagieren.
Parallel gewinnt Zentralasien als Brücke zwischen Europa und Asien zunehmend an Bedeutung. Die EU ist mit einem Anteil von über 40% der Investitionen bereits der größte Investor in der Region und der zweitgrößte Handelspartner. Das erste EU-Zentralasien-Gipfeltreffen am 4. April 2025 in Samarkand unterstreicht die wachsende strategische Bedeutung dieser Region, insbesondere mit Blick auf kritische Rohstoffe und neue Handelsrouten abseits chinesischer Infrastrukturprojekte.
Insbesondere Indien bietet mit seinen hohen Wachstumszahlen und einer jungen, wachsenden Bevölkerung zahlreiche Chancen für die europäische Wirtschaft, obwohl weitere Investitionen in Infrastruktur und Rechtssicherheit notwendig sind, um das volle Potenzial zu erschließen.
Schlussfolgerung
Zusammenfassend zeigt die neue EU-Handelsstrategie einen klaren Weg zur Verringerung unserer wirtschaftlichen Abhängigkeit von den USA. Die beeindruckenden Fortschritte in Zentralasien, wo wir bereits 40% der Investitionen halten, bestätigen die Wirksamkeit unserer Diversifizierungsstrategie. Tatsächlich entwickeln sich unsere Handelsbeziehungen mit den ASEAN-Staaten äußerst vielversprechend, was sich in einem Handelsvolumen von über 189 Milliarden Euro widerspiegelt.
Die neu eingerichtete EU-Taskforce wird maßgeblich dazu beitragen, Marktverzerrungen frühzeitig zu erkennen und unsere Handelsinteressen in Asien strategisch voranzutreiben. Allerdings erfordert dieser Transformationsprozess Zeit und Geduld. Schließlich geht es nicht nur um die Erschließung neuer Märkte, sondern auch um den Aufbau nachhaltiger Partnerschaften, die unsere wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit langfristig stärken werden.
Die dynamische Entwicklung unserer Handelsbeziehungen mit Ländern wie Indonesien, Malaysia und Indien unterstreicht das enorme Potenzial dieser Neuausrichtung. Darüber hinaus sichern wir durch die verstärkte Präsenz in Zentralasien wichtige Rohstoffquellen und erschließen neue Handelswege. Diese strategische Neupositionierung wird entscheidend dazu beitragen, die EU als unabhängigen und starken Handelspartner im globalen Wirtschaftsgefüge zu etablieren.