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Energiesektor-Schock: Shell senkt LNG-Prognosen für 2025

April 13, 2025

LNG-Preise könnten bis 2030 um 80 Prozent fallen. Shell senkt seine Förderprognosen, Siemens setzt auf erneuerbare Energien. Der Energiesektor befindet sich in einem entscheidenden Wandel hin zu nachhaltigeren Geschäftsmodellen.

Der globale Energiesektor steht vor einem bedeutenden Wendepunkt, da die LNG-Preise bis 2030 möglicherweise um bis zu 80% auf 6,9 Dollar pro MMBtu fallen könnten - ein dramatischer Rückgang vom Höchststand von 32,3 Dollar im Jahr 2022. Besonders bemerkenswert ist dabei, dass der weltweite LNG-Handel im Jahr 2024 mit nur 2 Millionen Tonnen den geringsten jährlichen Anstieg seit einem Jahrzehnt verzeichnete und insgesamt 407 Millionen Tonnen erreichte.

Darüber hinaus prognostiziert Shell nun, dass die globale LNG-Nachfrage zwischen 630 und 718 Millionen Tonnen pro Jahr bis 2040 erreichen wird. Diese neue Prognose ist insbesondere durch das Wirtschaftswachstum in Asien getrieben, wobei China als weltweit größter LNG-Importeur bereits im vergangenen Jahr Erdgasimporte von 131,69 Millionen Tonnen verzeichnete. Wir beobachten zudem, dass die USA sich zur weltweit führenden Position im LNG-Export entwickeln und bis 2030 möglicherweise ein Drittel der globalen Versorgung mit etwa 180 Millionen Tonnen pro Jahr bereitstellen werden.

Shell verkündet überraschende Senkung der LNG-Prognosen für 2025

In einer überraschenden Wendung hat der Energieriese Shell seine Produktionsprognose für Flüssigerdgas (LNG) für das Jahr 2025 deutlich nach unten korrigiert. Die neue Prognose sieht eine LNG-Produktion von nur noch 6,4 bis 6,8 Millionen Tonnen vor, was eine erhebliche Reduzierung gegenüber der vorherigen Erwartung von 6,6 bis 7,2 Millionen Tonnen darstellt. Besonders alarmierend erscheint diese Anpassung im Vergleich zur tatsächlichen Produktion des Vorquartals, die bei 7,1 Millionen Tonnen lag – ein klares Anzeichen für einen rückläufigen Trend.

Als Hauptgründe für diese unerwartete Senkung nennt Shell Zyklone und ungeplante Wartungsarbeiten in seinen australischen Anlagen. Bereits im Februar musste das Unternehmen einräumen, dass es aufgrund widriger Wetterbedingungen zu Verzögerungen bei der Verladung von LNG an seiner schwimmenden Produktionsanlage Prelude vor der Küste Westaustraliens gekommen war. Diese betrieblichen Herausforderungen wirken sich nun direkt auf die Produktionskapazität aus.

Zudem betrifft die aktuelle Prognose auch andere Geschäftsbereiche des Konzerns:

  • Im Explorationsbereich kündigte Shell Abschreibungen von 100 Millionen US-Dollar an
  • Die Prognose für die gesamte Öl- und Gasproduktion wurde auf 1,79 bis 1,89 Millionen Barrel Öläquivalent pro Tag präzisiert
  • Im Marketingbereich rechnet Shell mit einem schwächeren Ergebnis im Vergleich zum Vorquartal

Trotz dieser Produktionseinbußen erwartet Shell jedoch, dass die Handelsergebnisse der Gassparte voraussichtlich im Rahmen des Vorquartals liegen werden. Dennoch kommt diese Korrektur zu einem ungünstigen Zeitpunkt, da LNG als strategisch wichtig für die Energiewende gilt.

Diese Entwicklung steht im Kontrast zu Shells langfristigen Erwartungen für den globalen LNG-Markt. In seinem LNG-Outlook 2025 prognostiziert Shell eine Steigerung der weltweiten LNG-Nachfrage um etwa 60 Prozent bis 2040, angetrieben durch wirtschaftliches Wachstum in Asien, Emissionsreduzierungen in Industrie und Verkehr sowie die zunehmenden Anforderungen durch künstliche Intelligenz.

Die Anpassung der Prognosen verdeutlicht die Anfälligkeit von Energieunternehmen gegenüber externen Faktoren wie Naturkatastrophen und ungeplanten technischen Problemen, die erhebliche Störungen ihrer Betriebsabläufe verursachen können.

Energiesektor-Aktien reagieren mit starken Kursverlusten

Die Finanzmärkte haben auf Shells überraschende LNG-Prognosesenkung mit heftigen Verkäufen reagiert. Der iShares MSCI World Energy Sector UCITS ETF, der Shell mit 7,26% als drittgrößte Position führt, verzeichnete dramatische Verluste: -10,46% über drei Monate, -14,21% innerhalb eines halben Jahres und sogar -16,67% im Jahresvergleich.

Die Shell-Aktie selbst rutschte im aktuellen Börsenumfeld besonders stark ab. Investoren zeigten sich beunruhigt über die Kombination aus Produktionsproblemen, geopolitischen Spannungen und dem globalen Börsenbeben. Besonders die Ankündigung einer steigenden Nettoverschuldung um 1,5 Milliarden Dollar verschärfte die negative Stimmung.

Zudem belastet die Abschreibung von rund 100 Millionen Dollar an Explorationskosten die Bilanz erheblich. Im Marketingbereich erwartet Shell ebenfalls geringere Erträge aus dem Segment "Spezialprodukte & Dekarbonisierung", was besonders zukunftsorientierte Geschäftsfelder wie klimafreundliche Mobilitätslösungen betrifft.

Die aktuelle Entwicklung steht im Kontrast zu den langfristigen Wachstumsaussichten des LNG-Marktes. Obwohl die Nachfrage bis 2040 voraussichtlich um 60% steigen wird, leiden die Aktien der Energieunternehmen unter kurzfristigen Belastungen.

Im breiteren Energiesektor sind auch andere Schwergewichte betroffen. Der erwähnte ETF zeigt dies deutlich – seine Top-Positionen Exxon Mobil (18,94%) und Chevron (10,16%) konnten sich dem Abwärtstrend ebenfalls nicht entziehen.

Die Situation wird durch mehrere Faktoren verschärft: Der Ölpreis schwächelt, die Rezessionsgefahr steigt, und Investoren flüchten aus Risikoanlagen. Für Shell bedeutet dies sinkende Margen im klassischen Ölgeschäft bei gleichzeitig steigendem Druck auf zukunftsorientierte Investments.

Gleichzeitig findet ein strategischer Wandel statt. Europäische Energieunternehmen wie BP, Total und Eni haben erhebliche Zusagen gemacht, auf erneuerbare Energien umzusteigen. Sie wollen nicht mehr als Ölgesellschaften, sondern als "Energieunternehmen" wahrgenommen werden – eine Transformation, die kurzfristig zusätzliche Unsicherheit in den Markt bringt.

Siemens AG und andere europäische Energiekonzerne passen Strategien an

Während Shell seine LNG-Prognosen nach unten korrigiert, nutzen europäische Energiekonzerne wie Siemens AG die sich wandelnde Energielandschaft für strategische Neuausrichtungen. Siemens Energy blickt auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2024 zurück und übertraf sogar teilweise die finanziellen Ziele. Besonders bemerkenswert ist die Tatsache, dass der weltweite Strombedarf im Jahr 2024 um rund 4% stieg – nach nur 2,5% im Vorjahr.

Für das Geschäftsjahr 2025 erwartet Siemens Energy ein vergleichbares Umsatzwachstum zwischen 8% und 10% sowie eine Ergebnismarge vor Sondereffekten zwischen 3% und 5%. Diese positive Prognose steht im deutlichen Kontrast zu Shells Produktionsrückgang und unterstreicht die unterschiedlichen Entwicklungen im Energiesektor.

Der Fokus von Siemens liegt dabei klar auf der Transformation zu sauberer Energie. Das Unternehmen nutzt sein fundiertes Verständnis für neue Technologien, politische und marktbezogene Entwicklungen sowie sein breites Netzwerk in der Energiewirtschaft, um Herausforderungen in umsetzbare Chancen umzuwandeln. Dabei spielt vor allem die Digitalisierung eine zentrale Rolle.

Folgende Schlüsselbereiche stehen im Mittelpunkt der Strategie:

  • Wasserstofftechnologie: Siemens Energy hat die technischen Möglichkeiten für wasserstofftaugliche Turbinen kontinuierlich verbessert und bereits Mengenanteile von bis zu 75% erreicht.
  • Erneuerbare Energien: In einem Pilotprojekt auf den Azoren kombiniert Siemens intelligente Software zur Prognose von Energieverbrauch mit leistungsstarken Batteriespeichern.
  • Strategische Partnerschaften: Mit Boson Energy arbeitet Siemens an einer Waste-to-Hydrogen-Technologie, die nicht wiederverwertbare Abfälle in saubere Energie umwandelt.

Saudi-Arabien, das bis 2060 Netto-Null-Emissionen erreichen will, setzte kürzlich auf Siemens Energy und bestellte Gas- und Dampfkraftwerke im Wert von 1,5 Milliarden Euro. Besonders bemerkenswert: Die Anlagen sollen künftig mit CO₂-Abscheidung und -Speicherung ausgestattet werden, um eine klimaneutrale Energieversorgung zu ermöglichen.

Nach der Abspaltung von Siemens Gamesa zeigt sich auch dort eine strategische Neuausrichtung. Siemens Energy verkaufte 90% seines indischen Windkraftgeschäfts an ein Konsortium um das Beteiligungsunternehmen TPG – ein Schritt, den Analysten der Goldman Sachs positiv bewerten.

Schlussfolgerung

Zusammenfassend zeigt die aktuelle Entwicklung im Energiesektor einen bedeutenden Wandel. Shell's überraschende LNG-Prognosesenkung löste nicht nur erhebliche Marktverwerfungen aus, sondern verdeutlicht auch die Anfälligkeit traditioneller Energieunternehmen gegenüber externen Faktoren. Allerdings nutzen Unternehmen wie Siemens AG diese Herausforderungen als Chance zur strategischen Neuausrichtung.

Dennoch bleiben die langfristigen Wachstumsaussichten des LNG-Marktes positiv, besonders durch die steigende Nachfrage aus Asien und die führende Position der USA im Export. Schließlich unterstreicht die unterschiedliche Entwicklung von Shell und Siemens Energy die zunehmende Bedeutung nachhaltiger Energielösungen und digitaler Transformation im Energiesektor.

Diese Dynamik verdeutlicht, dass der Energiesektor sich in einer entscheidenden Übergangsphase befindet - weg von traditionellen Geschäftsmodellen, hin zu zukunftsorientierten, nachhaltigen Energielösungen.